Kapitel 22 – Caligo

zurück zum Inhaltsverzeichnis

Mit gemächlichen Schritten ging er auf den Eingang zur grünen Linie zu, in Gedanken noch ganz bei dem Gespräch vom Tag davor, das er mit Augi in Reds Büro geführt hatte.

In den ersten Minuten danach hatten seine Gedanken noch den bitteren Beigeschmack von Wut und Ärgernis über das, was Augi zu ihm gesagt hatte, doch spätestens als er am Abend in seinem Bett gelegen hatte und seine grauen Zellen ungewollt noch einmal darüber brüten ließ, waren diese Gefühle in Mitleid und Scham übergegangen. Er merkte für sich, das sein Verhalten an diesem Tag alles andere als richtig gewesen war und die Entscheidung Reds und ihre Aussprache seinem Kopf die nötige Zeit gegeben hatte, die er brauchte um seinen Fehler zu erkennen und zu realisieren.

Er trat durch die Türe in den Holzverschlag und grüßte Tori, die hinter ihrem Tresen über ein paar Papierbögen grübelnd dasaß, mit einem Kopfnicken, das sie erwiderte. Dann durchschritt er die nächste Türe und betrat die Station.

Er wollte seinen Weg gerade in Richtung der Felder fortsetzen als ihn Mack, der neben der Türe an der Holzwand lehnte, von der Seite ansprach.

“Wo willst du den hin?”

Als Vim sich zu ihm umdrehte sah er das Mack freundlich lächelte, es gab also noch Leute bei der Wache die ihn ausstehen konnten.

“Zur Arbeit. Sonst wäre ich ja wohl nicht hier.” erwiderte er und sah wie sich die Mundwinkel von Mack weiter nach oben zogen.

“Fast richtig.” sagte Mack, “Aber für Arbeit bis du hier ein klein wenig falsch.”

“Wie meinst du das?”
“Es gibt da vielleicht eine kleine Änderung, aber das wird er dir sicher alles selber erklären. Ich soll dich nur wieder hoch zu Red schicken.” Mack grinste. “Hast wohl doch nochmal Glück gehabt.

 

Bevor Vim an Reds Tür klopfte hielt er noch einmal kurz inne. Was konnte es nur sein, das Red ihn gleich wieder sprechen wollte? Eventuell hatte er seine Meinung wegen dem Gespräch mit Augi gestern geändert. Vielleicht durfte er ja doch wieder die Leitung übernehmen. Andererseits warum sollte er das, nachdem Vim selbst dem Ganzen zugestimmt hatte. Aber es konnte ja trotzdem sein das Red etwas in seinem Kopf herum gegeistert war und sich erst über Nacht gefestigt hatte. Wollte er ihn doch bestrafen, dafür was auf den Feldern vorgefallen war? Aber wie? Und wären dann nicht Wachen gekommen um ihn abzuholen?

Vim merkte nicht einmal wie er die Schultern im Unwissen hochzog, bevor er anklopfte und und eintrat.

Red lag halb in seinem Campingstuhl und wies ihn garnicht erst an sich zu setzen, was Vim aber trotzdem machte, sondern begann gleich ihm einen kleinen Vortrag zu halten.

“Sehr gut das du da bist. Und gleich um es vorwegzunehmen, das was ich mit dir vorhabe hat nicht, naja zumindest fast nichts, mit dem Thema Augi oder mit Gestern zu tun. Den wir haben ein eher allgemeines Problem.”

Red stand schwungvoll auf, das der Stuhl fast seitlich umgekippt wäre, wenn er nicht mit einer Hand nach hinten gegriffen und ihn in Position gehalten hätte. Er trat hinter ihn und wanderte rastlos auf und ab während er weiter mit dem Monolog fortfuhr.

“Ich schweife mal ein wenig aus. Damit du auch mitkommst.

Kaum das ihr gestern hier raus seid, da hat mich von der Wache die Kammerdienst hatte die Nachricht erreicht das uns die Götter eine neue Aufgabe geschickt hatten. Eine Aufgabe bei der wir ihnen Zeugs von Außerhalb beschaffen sollen.

Das Problem dabei ist nur, das wir nicht wissen wie wir es in der kurzen Zeit schaffen sollten, das zu besorgen.”

Red blieb stehen, sah Vim an und verlagerte sein Gewicht unruhig von einem Bein auf das Andere.

“Und hier kommst du mit ins Spiel, du bist nun doch schon wieder ein Teil der Wache. Natürlich wissen wir das nur du alleine nicht den großen Ausschlag bringst. Wir haben vorher schon sieben weiter in diesen Dienst verschoben und unsere Wachpatrolien in der Zeltstadt minimiert um möglichst viele nach draußen schicken zu können. Du bist uns dann nur noch zusätzlich eingefallen und vielleicht können wir ja damit auch die Luft zwischen dir und Augi weiter entschärfen.

Was meinst du?”

Vim brauchte einen Moment um das alles durch seine grauen Zellen zu bekommen.

“Das heißt ich darf weiter Raus als nur bis vors Tor?” fragte er und Red nickte.

“Und wir suchen nur einen Gegenstand?”

Red nickte wieder und übernahm wieder das Wort. “Fast richtig. Es geht um drei Gegenstände. Genauer gesagt um drei kleine Bomben die bei ihrem Abwurf über der Stadt nicht hochgegangen sind wie der Rest. Bisher haben wir davon noch gar keine gefunden. Nicht mal bei einem der anderen Suchaufträgen.”

“Ok verstehe.” Vim überlegte bevor er noch hinzufügte, “Und ich kann mich jetzt entscheiden was ich mache?”

Red schüttelte diesmal den Kopf. “Das nicht.” Er schob seinen Stuhl wieder zurück und ließ sich darauf plumpsen. “Du musst wissen, viele sehen es als deine Schuld an, dass wir diese Aufgabe bekommen haben. Das sie schwerer ist als die letzten. Als alle an die wir uns noch erinnern können.

Denn du hast ihnen zu lange gezögert, bevor du gegen Lux abgedrückt hast. Und als eine Art Wiedergutmachung musst du nun auch mit ran.”

Vim atmete tief aus und fuhr dann zusammen als es kräftig an der Tür hinter ihm klopfte.

“Pünktlich wie immer.” Red grinste. “HEREIN.”

Die Tür öffnete sich und Ric trat mit hastigen Schritten herein. Sein Blick fiel auf Vim, wo er einen Moment verächtlich ruhte bevor er weiter zu Red wanderte. “Hast du es ihm schon gesagt?”

“Ja er sollte alles wichtige wissen.” entgegnete Red.

“Sehr gut.”

Ric drehte sich gleich wieder zur Türe um und schritt wieder hinaus. Noch in der Drehung befahl er Vim mitzukommen. Dieser ließ noch ein letztes Mal seinen Blick zu Red streifen bevor er sich von seiner Kiste erhob und Ric, der vor der Türe ungeduldig wartete, hinaus folgte.

“Immer hin kannst du nun beweisen das dir etwas an unserem Livestock liegt.” keifte Ric ihn an während Red die Türe hinter ihnen ins Schloss drückte und nur dich Achseln zuckte.

Ric brachte ihn auf direktem Weg durch die große Halle zum Haupttor. Als sie direkt davor standen öffnete es sich und das gleißende Licht fiel blendend in Vims Augen.

nächstes Kapitel

zurück zum Inhaltsverzeichnis