Leben im Gefängnis / Life in prison

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Deutsch:

Seit meiner Geburt lebe ich wie in einer Blase.

Die Wände der Blase sind wie ein One-way-Spiegel.

Ich kann mit meinen Sinnen nach außen sehen aber oft komme ich mir vor als würden die Anderen mich garnicht wahrnehmen. Es gibt Tage an denen sie mich sogar fast komplett ignorieren.

Vor meiner Geburt waren alle äußeren Eindrücke geschwächt, wie gedämpft durch den schützenden Bauch meiner Mutter der mich umgab. Ich spürte ihren Herzschlag. Ich spürte meinen Herzschlag. Ich konnte ihre Emotionen spüren, ihre Freude, ihre Trauer, ihren Schmerz. Ich verstand alles was sie sagte, ebenso alles was mein Vater zu ihr und auch zu mir sprach. Die Anderen die sie besuchten. Die Berührungen, wie über den Bauch gestreichelt wurde und auch wie dann die Angst in ihnen wieder aufwallte.

Nach meiner Geburt wurden die meisten Eindrücke klarer doch manche wie die direkten Gefühle und die Wärme verschwanden. Ich fühlte mich wie in mir gefangen.

Egal was ich versuche ich schaffe es einfach nicht sie auf mich aufmerksam zu machen. Seitdem ich ihren Körper verlassen hatte wollte ich ihnen nur zeigen das ich da war. Das ich alles hörte. Anfangs zwar noch nicht alles davon verstand, aber das kam mit dem älter werden.

Ich verstand warum sie oft traurig waren und auch wegen mir stritten. Wie sie sich uneinig waren was mit mir geschehen sollte und alles was ich ihnen dazu sagen wollte war, dass ich da bin und das ich eine Besserung merkte. Das ich merkte wie die Wände meiner Blase langsam dünner wurden. Bald würde ich es schaffen und zu ihnen durch brechen. Vielleicht mit einem bewussten Zwinkern, einem geplanten Fingerzucken, einem gesprochenen Laut. Hauptsache irgendwas um sie davon abzuhalten. Davon abzuhalten worüber sie sich stritten.

Nach nun 12 Jahren in diesem Leben merkte ich wie mir nur noch wenige Tage zum Durchbruch fehlten. Doch kurz vor meinem Ziel war ein anderer Termin schneller.

Der Tag an dem sie mir die Spritze setzten und mein Leben in meinem noch Gefängnis beendeten.

 

English:

Since my birth I live like in a bubble.

The walls of the bubble are kinda like a one-way mirror.

I can see outward with my senses but often I feel like the others do not notice me at all. There are days when they almost completely ignore me.

Before my birth, all external impressions were weakened, as if muffled by the protective belly of my mother who surrounded me. I felt her heartbeat. I felt my heartbeat. I could feel her emotions, her joy, her grief, her pain. I understood everything she said, as well as everything my father spoke to her and to me. The others who visited her. The touches, how the belly was stroked and also how the fear lolled in them again.

After my birth, most impressions became clearer, but few like the direct feelings and the warmth disappeared. I felt like I was trapped.

No matter what I tried, I just can not get them to pay attention to me. Since I left her body I just wanted to show them that I was there. That I heard everything. I was not able to really understand everything at first, but that came with growing older.

I understood why they were often sad and also argued about me. How they were divided on what should happen to me and all I wanted to tell them was that I am here and that I noticed an improvement. I noticed that the walls of my bubble were getting thinner. Soon I would make it and break through to them. Maybe with a conscious wink, a planned finger twitch, a spoken sound. Mainly something that keeps them from their plans. To stop them from arguing about it.

After 12 years in this life, I finally realized that I am only a few days away of making a breakthrough. But shortly before i could reach my objective another appointment was faster.

The day they gave me the shot and ended the life in my jail.

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