Mein Bett

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Ich war noch da als ihr das erste Mal an meinem Bett gestanden seid. Als ihr euch weinend  darüber gebeugt und mir gute Worte zugeflüstert habt. Ich danke euch dafür.

Ich war mit euch auf dem Weg nach Hause, begleitete euch im Auto, in der Hoffnung, dass es nicht alles wieder passiert.

Ich begleitete euch in eure Arbeit, in die Schule. Begann euch noch näher, noch intensiver kennen zu lernen als jemals in meinem Leben zuvor. Die ganze Zeit über war ich da.

Ich teilte eure Gespräche und verstand eure Gedanken. Es war schön zu wissen, dass man auch hier gleicher Meinung war und sich die Ansichten nicht geändert hatten.

Mir gefiel das alles, auch wenn es davor schon noch ein wenig besser gewesen war. Etwas persönlicher und direkter. Es ist ein komisches Gefühl von sich in der Vergangenheit gesprochen zu hören, und wenn im Jetzt dann nur begleitet von Tränen.

Ich war bei euch als es am schlimmsten war auf diesem Weg. Nachts alleine im Bett, wenn die anderen schon schliefen und Tränen begleitete Gedanken die Kissen durchnässten. Bei deinem Selbstmordversuch um mir zu folgen. Beim Besuch im Krankenhaus, im Gespräch mit den Ärzten die Möglichkeiten projizierten und Therapien vorschlugen.

Alles ohne Erfolg. Und aus Wochen wurden Monate.

Ich merkte das eure Trauer mit der Zeit nachließ, ihr euch wieder wohler zu Hause fühlt und das war gut so. Ich wollte nicht das ihr euch wegen mir die Zukunft vermiest und ich bin mir auch sicher, dass ihr dasselbe gewollt hättet, wenn es euch zugestoßen wäre. So etwas wünscht man niemandem.

Ich war auch bei euch als ihr mit den Ärzten die letzten Entscheidungen getroffen habt. Als ihr alles nochmal durchgegangen seid. Angefangen mit dem Unfall damals. Den Therapien. Und dem Danach.

Ich ging mit euch zurück zu meinem Bett, ihr alle schwarz gekleidet mit glänzenden Augen.

Ich stand unter euch und sah euch zu wie ihr mich noch einmal gedrückt habt. Noch ein letztes Mal schöne Worte flüstert.

Ich wollte weinen, wenn ich könnte. Wollte euch antworten. Doch es ließ mich nicht.

Ich legte meinen Arm um euch, als sie die Maschine abschalteten. Versuchte mich an euch festzuhalten. An meinem irdischen Ich festzuhalten, dass mit den ganzen Schläuchen wie ein mickriger Haufen unter der Decke lag. Aber das war Ich. Und ich wollte bei euch bleiben. Doch meine Seele musste weiter. Dunkel.

Wir sehen uns.

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Veröffentlicht in SSS