Nachtwache

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“Man nehme etwas Schönes und mache das Schlimmste daraus.”

Für J.C

 

1.

Auch wenn sein Feldbett nicht das bequemste war fand Marius er hatte das Meiste aus der Nacht herausgeholt, bis er durch das laute Dröhnen eines Schlagersongs über den Zeltplatz aus dem Schlaf gerissen wurde.

Er stöhnte etwas während er sich in seinem Schlafsack streckte und sein Rücken leise knackte. Für die nächste Nacht musste er eine andere Schlafposition finden, sonst würde er sich in den nächsten Tagen dank Verspannungen gar nicht mehr bewegen können.

Marius zog den Reisverschluss des Schlafsackes auf und schwang seine Beine über den Rand des Feldbetts, wobei dieses leise quietschte. Ähnliche Geräuschkulissen breiteten sich von den anderen Betten in dem Großraumzelt aus während sich auch die anderen Betreuer aus ihrer Müdigkeit quälten. Die Luft war mehr als nur abgestanden und so erfreute sich Marius an der frischen und viel zu frühen Morgenluft als er wenig später und komplett angezogen, durch den Zelteingang schritt.

Noch lag der Zeltplatz bis auf die paar wenigen Pavillons die sie am Vortag schon errichtet hatten mehr oder weniger ruhig – die Boombox mal außen vor gelassen – und leer vor ihm. Das Gras glitzerte durch die feinen Tautropfen die sich über Nacht gebildet hatten.

Diese Idylle würde aber nicht mehr lange herhalten, denn schon relativ bald würde es hier nur von ausgelassenen Kindern und gestresst wirkenden Eltern wimmeln, wie er mit einem Blick auf seine Uhr feststellte.

Hinter ihm raschelte die Zeltplane und Sabrina, oder Sabi wie sie alle nur nannten, drückte sich neben ihm aus Zelt. „Morgen.” nuschelte sie, was er erwiderte, ging ein paar Schritte und riss die Hände hoch um sich zu strecken. Daran könnte ich mich glatt gewöhnen, dachte Marius während er sie beobachtete, und das härtere Bett nehme ich dafür auch gerne in Kauf.

Sie warteten darauf dass noch ein paar andere verschlafene Gesichter aus ihrem Nest krochen bevor sie sich als Gruppe auf den Weg zum Frühstück machten, das ein Frühaufsteher schon zusammengeworfen hatte. Es gab ein paar Semmeln, dazu Wurst und Käse. Marius achtete darauf auf einer Bierbank direkt neben Sabi zu sitzen.

 

Nach dem Essen hielt die Lagerleitung ihnen noch einen kleinen Vortrag über die Do’s and Dont’s des Lagers. Es folgte eine Unterweisung in die Aufgaben die sie bekommen hatten und was für das verlängerte Wochenende geplant war. Im Anschluss war gerade noch Zeit sich zu duschen und ein wenig ansehnlich zu machen bevor die ersten Eltern auch schon wie prophezeit eintrudelten um mit ihren Kindern den Zeltplatz zu fluten. Gedanklich waren diese aber sicher schon bei ihrem Kinderfreien Wochenende.

Marius machte sich mit Stefan daran zwei Kindern zu helfen ihre Bleibe für die nächsten Nächte aufzubauen doch er merkte wie er mit seinem Blick immer wieder in Richtung Sabrina abdriftete. Zum einen hoffte er, dass sie auch herschauen würde, zum anderen aber auch wieder nicht.

Er würde das Wochenende genießen, so viel war ihm klar.

 

2.

Julia konnte es nicht mehr hören.

„Habt ihr das schon eingepackt?” „Habt ihr dies mit dabei?” Eltern konnten manchmal so anstrengend sein.

„Ja hab ich alles mit.” flötete sie. „Schau lieber nochmal nach”, erwiderte ihre Mutter, „und kontrollier gleich nochmal bei Michael ob er es auch hat. Ich will euch nicht schon wieder nachfahren müssen, nur weil etwas fehlt was wir euch öfters gesagt haben.”

Julia verdrehte die Augen. „Ja ja, mach ich.” nörgelte sie genervt. „Kleines Fräulein!” kam es drohend von der Mutter. Also dackelte Julia zurück in ihr Zimmer, verdammt warum musste es ihre Mam bemerken, dass es ihr nicht passte Babysitter für ihren nervigen Bruder zu spielen. Er war immerhin schon sieben und konnte selber auf sich aufpassen. Sie hatte mit ihren neun Jahren schließlich auch schon wichtigeres zu tun. Sachen für Große.

 

Eine gute Stunde später fanden sie sich auf dem Zeltplatz wieder.

Die freie Fläche die ihnen zur Verfügung stand war auf einer Seite mit vier aneinander gebauten Pavillons begrenzt. An der Stirnseite des Platzes thronten mehrere schwarze Zelte die zu einem einzigen Komplex verbunden waren. So einen mobilen Palast hätte ich auch gerne, dachte Julia während wie ihren Blick von dort aus zurück zu ihrem eigenen schweifen ließ.

Das kleine Kuppelzelt in grau und hellblau – gar nicht ihre Farben – war schon zur Hälfte errichtet und ihr Vater stand unter strenger Beobachtung durch Michael darüber gebeugt und Kämpfte mit der letzten Stange. Zwei der Betreuer kamen von einem anderen Zelt herüber und fragten, nachdem sie sich als Stefan und Marius vorgestellt hatten ob sie helfen konnten. Ihr Vater verneinte erst, gab dann aber doch recht schnell nach und schwupp di wupp stand ihr Zelt.

Die Eltern fuhren wieder und Julia und ihr Bruder richteten sich häuslich ein. Isomatte hier hin, ihre Taschen dort und ganz wichtig die Süßigkeiten vor Michael verstecken. Sonst aß er ihr wieder alle weg und hatte dann Bauchschmerzen. Die Bauchschmerzen waren nicht der Grund warum sie sie versteckte.

Und dann ging das Lager auch schon richtig los. Sie wurden in kleine Gruppen unterteilt – zum Glück war ihr Bruder in einer anderen – in denen sie zusammen die Gruppenspiele durchstehen würden. Einer von Julias Gruppenleitern war Marius der schon verhindert hatte, dass das Errichten des Zeltes in einer Katastrophe mit ihrem Vater endete. Die andere Gruppenleiterin war ein Mädchen, einen Kopf kleiner als Marius mit etwas über schulterlangen braunen Haaren. Sie stellte sich als Sabrina vor, doch sie sollten sie einfach Sabi nennen. Beide machten einen netten Eindruck, was sich während den Spielstationen nur noch verstärkte.

Den Rest des sonnigen Tages hatten sie zur freien Verfügung und Julia konnte sich später gar nicht mehr erinnern wie oft sie dieses eine Kartenspiel wirklich gespielt hatten, bevor es Abendessen gab. Der Nachmittag war so schnell verflogen.

Ein Donnergrollen ließ Julia in den Himmel blicken. Wenn sie sich die Wolken am Horizont so ansah war sie sich nicht mehr sicher ob die ihnen angekündigte Nachtwanderung mit Gruselgeschichte nicht doch ins Wasser fallen würde.

 

3.

Der Sturm der los peitschte war um einiges mehr als sie erwartet hatten. Der Wetterbericht hatte eigentlich einen wolkenlosen Himmel und eine darauf folgende sternenklare Nacht versprochen. Doch das Wetter macht nun mal öfter was es wollte und ließ sich von den Nachrichten nichts vorschreiben.

Es begann damit das während dem Abendessen, als alle Kinder und Betreuer auf Bierbänken unter den Pavillons saßen, dicke graue Wolken aus Süden aufzogen. Es donnerte und blitzte erst in der Ferne, drückte dann allerdings immer weiter mit den Wolken gegen die kleine Hügelkette im Norden, verdichtete sich und begann den Tag eher zu verdunkeln als er natürlich zu Ende gegangen wäre.

Sie schafften es noch alles so weit weg zu räumen, dass die Zelte der Kinder geschlossen und alles was sich bei den aufziehenden Windböen verselbstständigen könnte  in den großen schwarzen Zelten verräumt war. Spätestens als der Regen los peitschte war klar, dass die Nachtwanderung wohl im wahrsten Sinne des Wortes doch ins Wasser gefallen war. Solange sie aber im trockenen unten den Pavillons standen gab es trotzdem die Gruselgeschichte. Das Wetter passte ja immerhin zur Atmosphäre.

Die Geschichte war Marius Aufgabe und er stellte sich mitten unter die Tische auf denen sich das ganze Zeltlager versammelt hatte und legte los seine Geschichte zu erzählen.

Eine Geschichte von einer Frau, die in blinder Wut auf ihren Mann ihre Kinder ertränkte, sich dann selber das Leben nahm und am Himmel abgewiesen wurde, da die Seelen der Kinder noch nicht den Weg nach oben gefunden hatten. Seither wandelte ihr Geist umher und suchte nach ihren Kindern. Sie fand ab und zu Kinder anderer die sie dann ebenfalls ertränkte um mit ihren Seelen in das Leben nach dem Tod aufgenommen zu werden. Natürlich ohne Erfolg. Aber wenn Marius in die Gesichter der Kinder sah wusste er das er Erfolg gehabt hatte. Sie sahen ihn mit bleichen Gesichtern und glänzenden Augen an. Innerlich strahlte er.

Sein über die Gruppe wandernder Blick blieb ungewollt länger an Sabrina hängen, die zwischen anderen Betreuern saß, als er wollte. Sie sah ihn gebannt an und er brauchte etwas um das zu realisieren. Dann verzog Marius die Mundwinkel zu einem Lächeln und Sabi erwiderte es.

Ja, ein voller Erfolg.

 

Das Unwetter wollte einfach nicht nachlassen. Immer wenn man dachte nun war das schlimmste vorbei legte es noch einmal richtig los und jagte einen noch stärkeren Schauer und eine noch stärkere Böe über den Zeltplatz. Zuerst hatten sie die Kinder in ihre eigenen Zelte geschickt. Ihnen gesagt, dass sie dort drin bleiben sollten bis das Wetter vorübergezogen war, doch das erwies sich als nicht so gute Lösung.

Einige der Kinder hatten dort panische Angst, immer wenn ein lauter Donner durch die Luft schlug wurde er von Aufkreischen aus den Zelten verfolgt. Folglich sammelten sie die Kinder wieder zusammen und teilten sich zwischen den Betreuerzelten auf. Der Wind und der Regen drückten einige der Kinderzelt zu Boden. Rissen Planen und brachen Stangen unter ihrem Gewicht. Versenkten ganze Zelte.

Als das Unwetter später in der Nacht nachließ hatten sie schon einige Betreuer nach Hause zurückgeschickt um noch ein paar private trockene und vor allem ganze Zelte zu besorgen, die sie für die Kinder ohne Bleibe aufstellen konnten. Man musste improvisieren können.

Und so wuchsen in der Finsternis der Nacht ein halbes Dutzend neuer Zelte aus dem nassen Boden ohne das jeder wusste wessen Zelt er gerade zusammensetzte. 

Die Kinder wurden ins Bett geschickt, morgen würden sie sicher lange schlafen nach den Anstrengungen des Tages, und das schlimmste am Lager war überstanden.

Dachten sie.

 

4.

Ihr Zelt hatte es voll erwischt. Auch wenn es Julia von außen nicht so gefallen hatte in seinem Grau und der Jungs Farbe Hellblau, so hatte es doch nicht verdient fast komplett in zwei Teile gerissen zu werden. immerhin war es ihr eigenes Zelt gewesen. Ihre Taschen mit den Klamotten hatten es erstaunlicherweise sogar fast trocken durch den Sturm geschafft.

Damit sie einen trockenen und geschlossenen Platz zum Schlafen hatten, durfte Julia zusammen mit ihrem Bruder in eines der neu aufgebauten Zelte einziehen. Das was ihnen zugeteilt wurde sah aus als wäre es schon einige Zeit lang in einem Keller gelegen und hatte nur noch nicht die Chance gehabt ganz in seine Bestandteil zu zerfallen. Farblich bestand die Außenseite aus einem fast schon gräulich verwaschenem Schwarz mit verblichenen roten Streifen. Es sah alles andere als einladend aus und Julia beschlich ein ungutes Gefühl wenn sie es so betrachtete. Sie wunderte sich auch wie dessen Planen überhaupt noch Wasser von Innen fernhalten konnten.

Die beiden schmissen ihr Zeug nur schnell in eine Ecke des Zeltes und legten sich zum Schlafen. Zu lange war der Tag schon gelaufen und ihr Bruder Michael war zum Schluss hin nicht mehr zum Aushalten gewesen. Kleine Geschwister sind ja so schon nervig, aber im total übermüdeten Zustand wird das alles nur noch schlimmer.

Sie lagen beide ganz still auf ihren abgetrockneten Isomatten, eine Besonderheit, denn normalerweise hatte immer noch einer von ihnen eine Dummheit im Kopf, die er unbedingt loswerden wollte wenn sie zusammen in einem Raum oder Zelt schliefen. So schwiegen sie vor sich hin, bis Michael das Schweigen brach.

„Hörst du das auch?”

„Was soll ich hören?” fragte Julia.

„Es hört sich an als würde etwas ganz laut atmen oder sich langsam bewegen. Ich bin mir nicht sicher.”

Julia hielt die Luft an und horchte. Sie verstand sofort was er meinte, allerdings fiel es auch nur auf wenn man sich wirklich auf die Geräusche konzentrierte.

Man konnte fast meinen von außen strich etwas immer wieder über die Plane des Zeltes wie ein stetiger Wind, damit hatte ihr Bruder sogar mal Recht, doch die Abstände der Geräusche waren das was sie wirklich aufhorchen ließ. Sie nahmen an Intensität zu und verloren sie wieder genauso, wie ein Atemzyklus, der eine Lunge mit Luft voll strömen lässt. Fast so als würde das Zelt selbst atmen. Gänsehaut wanderte über ihren Körper und Julia merkte wie sich kalter Schweiß auf ihrer Stirn sammelte.

Wie konnte ihr kleiner Bruder ihr nur so eine Angst machen, fragte sie sich, sie war doch die größere, also musste sie die Situation wieder in Ordnung bringen.

„Das ist nur der Wind, Michael. Da brauchst du dir nicht gleich in die Hosen zu machen.” sagte sie zu ihm. Doch von Michael kam nur ein leises Winseln bevor wieder Pause herrschte.

„Was soll dort schon sein?” legte Julia nochmal nach, „Ein Monster, oder gar die Frau aus der Geschichte?”

„Ich will nach Hause.” protestierte Michael leise und verzog sich weiter in seinen Schlafsack.

Ok vielleicht war der letzte Satz nicht angebracht aber er muss doch nicht gleich so Panik schieben, dachte Julia bevor sie zu ihm sagte: „Dann hol ich schnell einen Betreuer der nachschauen soll, ok?”

Michaels Schopf der aus dem oberen Ende des Schlafsacks spitze nickte. So zog sie sich an und machte sich auf den Weg zum Lagerfeuer.

 

Wenig später kehrte sie mit Sabrina an der Hand zum Zelt zurück. „Wo haben wir den unseren kleinen Abenteurer?” fragte Sabi durch den Eingang ins Zelt hinein. „Soll ich ein wenig bei euch bleiben bis ihr schlaft?”

Julia, die auch schon wieder ins Zelt geschlüpft war, beantwortete die Frage stellvertretend für sie beide mit einem lauten „Ja, bitte.”

Sabi ließ sich mit den Knien ins Zelt fallen und streifte ihre Schuhe, die voller Schlamm waren von den Füßen. Die Kinder hatten schon genug Dreck ins Zelt gebracht da musste sie nicht auch noch Matschspuren hinterlassen die man dann am nächsten Morgen wieder aus den Klamotten waschen durfte. Sie schloss hinter sich den Reisverschluss.

Der eine Schuh war durch die Öffnung innerhalb des Zeltes gefallen und dort liegen geblieben, der andere stand vor dem Zelteingang.

 

5.

Beide zusammen auf Nachtwache am Lagerfeuer. Mehr Glück als Verstand, dachte Marius sich, wie er so neben Sabrina dasaß und ihr zusah wie sie mit einem Stock im Feuer umher stocherte. Ihn immer wieder anbrennen ließ, nur um ihn dann im Gras neben der Feuerstelle wieder aus zu schlagen, sodass er nur noch rauchte und mit dem Rauch dann Zeichen in die Luft malte.

Marius begann sich auszumalen wie es sein würde so etwas öfter zu haben. Er meinte er konnte es sich ja mit ihr schon vorstellen und wenn er an sie dachte machten seine Gedanken und sein Körper immer komische Sachen. Gute Zeichen in dieser Richtung hatte er gehört. Sie hatte, soweit er weiß auch niemanden dem er die Position streitig machen musste. Vielleicht konnte er ihr ja in dieser Nacht, die mittlerweile wieder klar war, man konnte sogar Sterne funkeln sehe, sagen was er empfand. Oder es ihr zumindest klar machen, je nachdem ob es ihm überhaupt möglich sein würde Worte heraus zubekommen.

„Langsam wird mir echt kalt.”

Es riss Marius aus seinen Gedanken. Er hoffte man sah ihm seine geistige Abwesenheit nicht an. „Soll ich dir eine Decke holen?” fragte er und war aufgestanden ohne abzuwarten ob sie ablehnte. Man musste schon ein Kavalier sein. Aber Sabi nickte eifrig und summte ein „Mhm.”

Als Marius mit einer der wenigen noch trockenen Decken zurückkam war sein Campingstuhl belegt. Sabi hatte von ihrem in seinen gewechselt. Sie grinste ihn an, „Der ist auch wärmer.”

„Das glaube ich dir,” Er lachte und breitete die Decke über ihr aus. „dann bleib lieber in dem warmen Sitzen bevor dir noch der Arsch abfriert.”

Sie sah ihn herausfordernd an. „Ich kann mich ja auch auf deinen Schoß setzen, also wenn der Stuhl das aushält.”

Marius war in dem Moment so perplex, dass er nichts erwidern konnte, aber er wusste genau was er sagen wollte. Er öffnete den Mund.

„Kann einer von euch mitkommen?”, ein Mädchen war Marius zuvor gekommen und trat in das Licht des Feuers.

„Was ist denn los?” fragte Sabrina während Marius immer noch nur mit offenem Mund dastand.

„Mein Bruder hat Angst und möchte nach Hause.” antwortete das Mädchen.

Marius löste sich aus seiner Versteinerung. „Ich schau schnell mit.” An Sabi gerichtet fügte er hinzu: „Bleib einfach im Warmen sitzen. Bin gleich wieder da.”

Das herausfordernde Grinsen von ihr wurde breiter als sie den Kopf schüttelte. „Wer von uns beiden wäre dir denn lieber?” fragte sie anschließend das Mädchen. „Du!” kam es wie aus der Pistole geschossen.

Sabi stand auf, streckte Marius neckisch die Zunge raus und spazierte Hand in Hand mit dem Mädchen zwischen den Zelten hindurch.

Marius stand noch einen Moment so da und sah den beiden nach, bevor er sich wieder in seinen Campingstuhl nieder ließ und die Decke über die Beine schlug. Das Mädchen war genau im falschen Moment gekommen.

 

Alleine am Feuer merkte Marius sehr schnell wie ihm die Anstrengungen des Tages von den Knochen in die Muskeln krochen. Er überlegte was Sabi jetzt wohl gerade mit den Kindern machte. Er erwischte seinen Kopf ein paar Mal wie er ihm nach vorne auf die Brust fiel. Er konnte jetzt nicht einfach einschlafen. Was würde das den für einen Eindruck machen? Sicher keinen guten und vor allem nicht bei Sabi. Alleine deswegen lohnte es sich schon die Augen offen zu halten.

So vegetierte Marius die nächste Stunde am Rande des Lagerfeuers herum immer knapp am Rand zu einem heftigen Schlafdelirium. Einmal war er sich sicher ein Schmatzen zu hören. Ein Schmatzen dieser Art wie wenn jemand mit dicken, hohen Stiefel in einer großen Schlammpfütze herum stapft während er versuchte so laut wie möglich zu sein. Und Knacken. Unangenehmes Knacken, wie wenn jemand noch eine Handvoll morscher Stöcke in das Schlammloch geschmissen hätte.

Marius fischt neben seinem Stuhl nach der Taschenlampe, die von der Decke auf seinem Schoß ins Gras gefallen sein musste. Ein Schwenk mit dem Lichtkegel brachte ihn aber zu der Annahme das die Geräusche von den angehäuften Resten der zerstörten Zelte kommen musste, da er nichts anderes als Quelle erkennen konnte. Das der Wind mit nassen Planen klatschte und schon angebrochene Stangen unter der feuchten Last nachgaben. Nach dieser Erkenntnis erlag er doch der Versuchung des Schlafes.

 

Marius schreckte hoch. Da er kein Holz nachgelegt hatte rauchten und glimmten die Reste des Lagerfeuers nur noch in ihrem Steinkreis vor sich hin. Seine Klamotten hatten den Morgentau gezogen und fühlen sich kalt und klamm an. Der Himmel hatte sich im Osten schon ein Stückchen in Richtung rosa verfärbt und war ohne die Spur einer einzigen Wolke. Es würde wieder ein wunderbarer Tag werden.

Marius sah sich um. Sonst war noch niemand wach und er saß immer noch alleine um die Feuerstelle, Sabi musst also immer noch nicht zurück sein oder sie hatte sich im Betreuerzelt schlafen gelegt als sie ihn hier rumhängen gesehen hatte.

Nachdem er aufgestanden und dort ohne positives Ergebnis nachgesehen hatte versuchte er sich zu erinnern mit welchem Kind sie mitgegangen war. Der Name des Mädchens fiel ihm zwar nicht mehr ein aber er wusste noch wie sie ausgesehen hatte. Sie war ja auch in seiner Gruppe.

Er machte sich auf zu dem Zelt das sie ihnen in der Nacht notdürftig aufgebaut hatten und blieb wie angewurzelt stehen.

Der Platz wo das schwarz-rote Zelt in der Nacht gestanden hatte war leer.

Das Gras stand so dar als wäre dort auch nie eines gestanden.

Aber es gab schlammige Spuren aus Abdrücken die dorthin führten und einen Schuh der dort im Schlamm lag.

Sabrinas Schuh.

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